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Deutscher Suchtkongress 2022 München

Vom 07.-09.09.2021 fand der Deutsche Suchtkongress erstmalig seit Corona wieder als Präsenzveranstaltung statt. Der Kongress wurde von der Deutschen Gesellschaft für Suchtpsychologie (dg sps) gemeinsam mit der DG-Sucht veranstaltet, unter Förderung durch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).
Der Kongress gab einen Überblick über aktuelle Trends, neues Wissen und die Verknüpfungen zwischen den Fachgebieten und den Akteuren der Suchtforschung. Forschungsergebnisse und Erfahrungen wurden intensiv geteilt und diskutiert.

Zu den Folgen der Coronapandemie gehört die Erfahrung, dass Suchterkrankungen mit den Folgen individuellen und gesellschaftlichen Leids im Kontext sich ständig verändernder Rahmenbedingungen und Herausforderungen zu betrachten sind. Durch die aktuelle SARS-CoV-2-Pandemie wurden zusätzlich Anreize für einen erhöhten Gebrauch von Substanzen oder ein exzessiv ausgeübtes Verhalten geschaffen: zum einen durch die zunehmende Verfügbarkeit von Substanzen im Zuge einer vermehrten Nutzung des Internets, zum anderen durch die psychosozialen Auswirkungen der Pandemiemaßnahmen als Folge der zum Teil drastischen Kontaktbeschränkungen. Dieses komplexe Zusammenspiel hat den Bedarf nach Suchthilfe verändert und traf auf Zugangsbeschränkungen und Überlastungen dieses Systems. Zudem wurde der Glücksspielstaatsvertrag neu geregelt und im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung die Legalisierung von Cannabis als Genussmittel beschlossen. Die Umsetzung einer Neuregulierung und die möglichen Folgen für Konsum, Prävention und Versorgung werden aktuell kontrovers diskutiert.

Die vielen Veränderungen stellten und stellen alle Akteure der Behandlung und Prävention von Suchterkrankungen vor neue, bislang teilweise unbekannte Herausforderungen, allen voran die Digitalisierung der Suchthilfe, die durch die Pandemie deutlich angeschoben wurde. Zugleich entwickelt sich die Forschung laufend weiter und es bedarf der Umsetzung innovativer Ansätze suchtspezifischer Versorgung.

Der Deutsche Suchtkongress gab einen Überblick über aktuelle Trends, neues Wissen und die Verknüpfungen zwischen den Fachgebieten und den Akteuren. Forschungsergebnisse und Erfahrungen wurden intensiv geteilt und diskutiert.

Nach Eröffnung durch den Kongresspräsidenten Prof. Dr. Ludwig Kraus folgte ein interessanter politischer Meinungsaustausch im Rahmen der Eröffnungsworte durch Klaus Holotschek MdL, Bayrischer Staatsminister für Gesundheit und Pflege, und Burkhardt Blienert, Beauftragten der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen. Thematisch ging es um die geplante Legalisierung von Cannabis, wozu beide Politiker ihre Ansichten teilten.

Das Vortrags-Programm wechselte zwischen Keynotes und Symposien, wobei letztere aus einem Hauptthema bestanden, zu dem jeweils 3-5 einzelne Studien vorgestellt wurden, jeweils mit kurzer Diskussionsgelegenheit.

Inhaltlich gab es eine Bandbreite an unterschiedlichsten Themen sowohl zu stofflichen als auch Verhaltenssüchten. Wichtige Themenschwerpunkte und Studien waren:

  • Entwicklung des Suchtverhaltens während Corona
  • das Thema „Cannabislegalisierung“
  • Digitalisierung der Suchthilfe

 

Folgende Auswahl an Themen, Keynotes und Symposien waren auch mit Bezug auf die Lifespring Privatklinik von Interesse.

 

Epidemiologie des Alkoholkonsums

Alkoholkonsum in Deutschland während COVID-19

Mittlerweile geben diverse Studien Hinweise darauf, dass sich der Alkoholkonsum während der COVID-19-Pandemie verändert hat. Gemäß der Verkaufsdaten für Deutschland ist ein Rückgang des Bierkonsums während der Pandemie zu verzeichnen, während Umfragedaten auf einen zunehmenden Alkoholkonsum insbesondere bei vorbelasteten und stärkeren Trinkern hindeuten. Während der Pandemie wurde gleichzeitig die Verfügbarkeit von spezifischen Suchtbehandlungsangeboten durch Priorisierung der COVID-19-Behandlung eingeschränkt. Über alkoholbedingte Folgeschäden der COVID-19-Pandemie ist bislang wenig bekannt, erste Ergebnisse dürften im Jahr 2023 verfügbar sein.

 

Entwicklungen des jugendlichen Trinkverhaltens in Europa

Vor dem Hintergrund des rückläufigen Alkoholkonsums unter Jugendlichen in Europa wurde eine eingehende Analyse des Trinkverhaltens von 15-16-Jährigen mit Schwerpunkt auf riskantem Konsum durchgeführt. Die zeitlichen Verläufe des Trinkverhaltens von Jugendlichem mit leichtem, moderatem und riskantem Konsum wurden miteinander verglichen. Zudem wurden Entwicklungen der Getränkewahl analysiert, zwischen Ländern verglichen und der Zusammenhang mit Indikatoren riskanten Konsums untersucht. Assoziationen zwischen Trinkmotiven und negativen alkoholbedingten Folgen werden zwischen Ländern mit hoher und niedriger Prävalenz des episodischen Rauschtrinkens verglichen.

 

Bundesweites Frühwarnsystem zu Neuentwicklungen im Bereich psychoaktiver Substanzen und Medikamentenmissbrauch

Seit einem Jahr läuft das Pilotprojekt NEWS (National Early Warning System) zum Aufbau eines bundesweiten Frühwarnsystems, um Neuentwicklungen im Bereich illegaler psychoaktiver Substanzen und Medikamentenmissbrauch zu erkennen und Helfer*innen und Konsumierende darüber zu informieren.

 

Cannabispolitik zwischen Public Health, potenziellen Steuereinnahmen und wirtschaftlichen Interessen

In vielen Ländern wird aktuell die Änderungen der staatlichen Haltung zum Thema Cannabis diskutiert. Drei Fragestellungen stehen dabei im Vordergrund:

  • Führen Lockerungen in der Verfügbarkeit von Cannabis zu verstärktem Konsum und höherer Krankheitslast, und wenn ja: in welchem Ausmaß?
  • Treffen die Vorhersagen zu vermehrten Steuereinnahmen zu?
  • Führt Legalisierung automatisch zu einer Kommerzialisierung von Cannabisverkauf und damit zu einem weiteren Anstieg von Cannabis-bedingten Problemen?

Aufgrund empirischer Forschung in verschiedenen Ländern wurden die Beispiele von Kanada und Thailand vertieft behandelt, um die Dynamik der derzeitigen Entwicklungen bei einem Hochlohnland und einem Land mit mittlerem Einkommen genauer zu untersuchen.

Es ließ sich feststellen, dass sowohl in besagten Ländern als auch in anderen Ländern mit bereits legalisiertem Cannabis die Krankheitslast nicht in dem vorhinein befürchteten Maße angestiegen ist, insbesondere die Zahl der psychotischen Indikationen erhöhte sich nicht deutlich. Die Steuereinnahmen hingegen stiegen merklich und wurden zu einem wirtschaftlich interessanten Faktor, jedoch wurde erkannt, dass eine Rückführung dieser Gelder in die Suchthilfe noch optimierbar sei. Insbesondere die Kommerzialisierung sowohl des direkten Vertriebs als auch verwandter bzw. abgewandelter Produkte biete weite Felder der Betätigung für Firmen, deren Kontrolle ggf. in Staatlicher Hand liegen sollte.

 

Cannabis legal?! Eine wissenschaftliche Perspektive auf das geplante Cannabisgesetz

Im ihrem Koalitionsvertrag verkündete die neue Bundesregierung im November 2021: „Wir führen die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizensierten Geschäften ein“. Zur Vorbereitung des neuen Gesetzes fand im Auftrag des Drogenbeauftragten der Bundesregierung eine Konsultation mit fünf Anhörungen statt, an denen mehr als 200 Expertinnen und Experten beteiligt waren. Im Herbst 2022 will die sog. ‚Ampelkoalition‘ dazu einen Gesetzentwurf erarbeiten.

In diesem Vortrag wurden mögliche Ziele eines Cannabisgesetztes diskutiert: relevante Faktoren des Gesundheits-, Jugend- und Verbraucherschutzes; Reduzierung des cannabisbezogene Schwarzmarktes; Bedeutung ökologischer Faktoren. Abschließend wurden Indikatoren diskutiert, auf die sich auch unter Berücksichtigung der Konsumentenperspektive auf das geplante Gesetz auswirken könnten.

 

Drogenpolitik

Einschränkungen des Alkoholmarketings – Rechtliche Rahmenbedingungen

Die WHO empfiehlt als Präventionsmaßnahmen u.a. Einschränkungen der Verfügbarkeit, höhere Steuern und insbesondere Verbote bzw. Einschränkungen bei Werbung und Vermarktung von Alkohol. Werbewirtschaft und Alkoholindustrie stützen ihren Kampf gegen Gesundheitswarnhinweise und Beschränkungen ihrer kommerziellen Kommunikation auf Studien, die Effektivität und Wirkungsgrad dieser Präventionsmaßnahmen in Frage stellen. Ebenso wie bei Regulierungen von Tabakvermarktung und Glücksspiel unterfüttern diese Argumente eine juristische Strategie, die Regulierungen der Alkoholvermarktung als rechtswidrige staatliche Eingriffe in Meinungsfreiheit, Markenrechte oder freien Waren- und Dienstleistungsverkehr brandmarken. Die rechtliche Beurteilung der verhältnispräventiven Alkoholpolitik stellt sich heute sowohl für nationale Regulierungsakteure als auch im Europarecht, der Welthandelsorganisation und im internationalen Investitionsschutz. Vor dem Hintergrund der Forschungsergebnisse zu Schäden des Alkoholkonsums und der Anerkennung staatlicher Schutzpflichten bei Public Health Problemen sollte die rechtliche Zulässigkeit von Regulierungen der kommerziellen Kommunikation für Alkohol geprüft wiederholt werden.

 

Cannabisregulierung in Deutschland: Erfordernisse einer modernden Sucht- und Drogenpolitik

Es gibt eine anhaltende Debatte um den nicht-strafrechtlichen Umgang mit Cannabis und anderen psychoaktiven Substanzen. Immer mehr Fachleute befürworten eine veränderte Strategie, da Verbote und die strafrechtliche Verfolgung von Drogenkonsumenten ihr Ziel nicht erreichen. Notwendig sei die staatlich regulierte Abgabe von Betäubungsmitteln zum Eigengebrauch an Erwachsene.

Der Koalitionsvertrag der neuen Regierung legt fest, dass die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften eingeführt werden könnte. Dadurch soll die Qualität kontrolliert, die Weitergabe verunreinigter Substanzen verhindert und der Jugendschutz gewährleistet werden.

 

Substanzkonsum und substanzbezogene Störungen

Der Konsum psychoaktiver Substanzen in Deutschland

Das Monitoring des Konsums psychoaktiver Substanzen sowie substanzbezogener Probleme in der Bevölkerung ermöglicht die Beurteilung der Verbreitung und der damit verbundenen gesundheitlichen und sozialen Folgen. Datenbasis war der Epidemiologische Suchtsurvey 2021 (n=9.046, 18-64 Jahre).

 

Tabak, alternative Tabakprodukte und Tabakalternativen in Deutschland

Der Konsum von Shishas, Wasserpfeifen, alternativen Tabakprodukten wie Tabakerhitzern und E-Zigaretten wurden als neuartige Trends des Konsums konventioneller Tabakprodukte und der entsprechenden Alternativen untersucht. Datenbasis bildeten zehn repräsentative Erhebungen des Epidemiologischen Suchtsurveys (ESA) von 1995-2021. Die Ergebnisse wurden hinsichtlich ihrer Implikation für die Präventionsarbeit und vor dem Hintergrund der Abhängigkeitspotenziale der alternativen Produkte sowie des Nutzens von Tabakalternativen als potenzielles Hilfsmittel zum Rauchstopp diskutiert.

 

Missbrauch von Nicht-Opioid-Analgetika in Deutschland

Der Missbrauch von Nicht-Opioid-Analgetika (NOA) ist mit schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen verbunden. Prävalenzschätzungen für die deutsche Bevölkerung sind aufgrund uneinheitlicher Definitionen von NOA-Missbrauch jedoch schwer greifbar. Ziel dieser Studie war es, die 12-Monats-Prävalenz des NOA-Missbrauchs unter Selbstmedizierenden in der deutschen Allgemeinbevölkerung zu schätzen und Risikofaktoren zu identifizieren.

 

Alkoholische Getränkepräferenz in Deutschland: Analyse der Trends (1995-2018)

In Deutschland ist ein gradueller Rückgang des pro-Kopf-Alkoholkonsums zu verzeichnen, allerdings nicht bei allen alkoholhaltigen Getränkearten. Angesichts der unterschiedlichen Auswirkungen der verschiedenen Arten von alkoholischen Getränken ist es wichtig, die Ursachen dieser Trends zu verstehen. Die Arbeitsgruppe am IFT Institut für Therapieforschung München untersuchte: 1) die zeitlichen Trends der Getränkepräferenz und 2) die Auswirkungen von Alter, Periode und Kohorte auf diese Trends aus Daten von neun Wellen (1995-2018; Alter 18-59 Jahre; n(total) = 75,550) des Epidemiologischen Suchtsurveys.

 

Irrtümer und Fallstricke in Suchtforschung und -praxis

Sucht als Erkrankung des Gehirns – das Problem der Übersimplifizierung psychischer Erkrankungen

In der Suchtforschung haben bildgebende Verfahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Die Messung funktioneller Veränderungen führte in den 90er Jahren zur Konzeptualisierung des Brain Disease Model of Addiction (BDMA), von dem u.a. eine Entstigmatisierung von Suchterkrankungen erhofft wurde. Zugleich ist weitgehend unbestritten, dass Modellbildung immer einen interpretativen Akt darstellt, der sich nicht unmittelbar aus empirischen Daten ableiten lässt und häufig eine Reduktion auf Kernelemente des Modells darstellt.

 

Zwischen Abstinenzfixierung und Gleichgültigkeit: von der Schwierigkeit, sich auf die Bedürfnisse von Adressat*innen der Suchthilfe wirklich einzulassen

Suchtarbeit, die ihren Adressat*innen professionelle Angebote machen will, kann nicht zieloffen sein; Zieloffenheit kann es nur um den Preis der Nichtintervention im Sinne des vollständigen Verzichtes auf professionelle Angebote geben. Ausgehend von der Erläuterung dieser logischen Tatsache ging dieser Vortrag der Frage nach, wie die institutionelle Suchthilfe eine Balance der ethischen Prinzipien der Autonomiewahrung und Fürsorge bewerkstelligen kann, ohne in die entwertenden Übertreibungen des Paternalismus auf der einen oder Gleichgültigkeit auf der anderen Seite zu verfallen.

 

(Selbst-)Ausschluss vom Glücksspiel: ein zahnloser Tiger?

Der ‚Responsible Gambling‘-(RG)-Ansatz sieht Spielersperren vor, d.i. ein vom Spieler selbst initiierter Ausschluss vom Glücksspiel (Selbstsperre). Als Instrument zur Reduzierung glücksspielbezogener Probleme ist die Spielersperre in vielen Ländern Bestandteil der gesetzlichen Glücksspielregulierung. Insgesamt wird diese Sperre als individuelle Intervention positiv bewertet, aber ihre Wirksamkeit zur Reduzierung glücksspielbezogener Probleme auf Populationsebene wird in Frage gestellt. Mit Selbstsperren wird die Verantwortung des Umgangs mit glücksspielbezogenen Problemen von den (staatlichen wie kommerziellen) Anbietern auf den Einzelnen verschoben. Ziel des Beitrags war eine vergleichende Analyse von Spielersperrsystemen in Länder mit unterschiedlichen Glücksspielregulierungen. Die Ergebnisse wurden vor dem Hintergrund ihres möglichen Beitrags als RG-Maßnahme zur Reduzierung von glücksspielbezogenen Problemen diskutiert.

 

E-Health und soziale Arbeit

Die Rolle der Sozialen Arbeit in der Behandlung von drug use disorders in Deutschland, Kasachstan und China

Drogenabhängigkeit – hier am Beispiel Kasachstan und China – muss im soziokulturellen Kontext begriffen und erforscht werden. Das zeigt die Entwicklung von Servicesystemen in postsowjetischen Staaten und in China, wo dies lange Zeit nicht als Krankheit, sondern als abweichendes soziales Verhalten gesehen wurde. Auch die Rolle der Sozialen Arbeit in diesem Zusammenhang ist neu. Dies wurde am Projekt SOLID dargestellt, wo Wissenschaftler des DAAD-(Deutscher Akademischer Austauschdienst)-Projektes der Frankfurt University of Applied Sciences mit Partneruniversitäten in Nur-Sultan, Bischkek, Buchara und Shanghai tätig sind. Zentralasien und China sind Schlüsselregionen für internationale Aktivitäten (z.B. der EU) im Umgang mit Drogenproblemen, insbesondere mit dem Konsum von Opioiden und damit verbundenen Infektionskrankheiten und zunehmend mit (synthetischen) Stimulantien (insbesondere Methamphetaminen) in China.

 

Digitale Lösungen zur Unterstützung für die Behandlung von Drogenmissbrauch

Das wachsende Problem ‚Drogenmissbrauch‘ wird durch Ressourcenmangel des Behandlungssystems verstärkt. Als neue Entwicklung gilt hierbei ‚e-Health‘: webbasierte Therapien und mobile digitale Testungen von Alkohol- und Drogenkonsum kann wertvolle Unterstützung liefern. Die mit dem Alkoholkonsum verbundenen AUDIT-Punkte von Klienten (n=107), die eine Online-Therapie abgeschlossen hatten, sanken um 87%. Die Schwere des Missbrauchs wurde bei den Klienten um 77% reduziert. Die durchschnittliche Punktzahl verbesserte sich von 7 auf 4 Punkte. Kontrolle der Adhärenz gehört unabdingbar zur Therapie drogenabhängiger Patienten. Die dazu meistgenutzte Kontrolle erfolgt über den Urin, bei dessen Gewinnung bis vor kurzem die Sichtkontrolle beim Urinieren oder bei der Einnahme einer Urinmarkersubstanz notwendig war, um mögliche Manipulationen aufzudecken. Es gilt zu prüfen und war Thema dieses Vortrags, ob sich digitale Methoden zur Ergänzung traditioneller Therapieansätze eignen.

 

Evaluation von suchtrelevanten Aspekten: Möglichkeiten – Grenzen – Ergebnisse

Grenzen und Möglichkeiten der wissenschaftlichen Analyse von Sekundärdaten zur Versorgung von Menschen mit einer Alkoholabhängigkeit

Sekundärdaten, wie z.B. Routinedaten der gesetzlichen Krankenversicherungen, eignen sich als Grundlage für Analysen zur Versorgungsforschung, da sie weite Teile der Bevölkerung einschließen und u.a. differenzierte längsschnittliche Analysen zulassen. So können Sekundärdatenanalysen genutzt werden, um die Inanspruchnahme von Versorgungsleistungen von Patienten zu untersuchen. Über die langfristigen, individuellen Patientenwege von Menschen mit einer Alkoholabhängigkeit im deutschen Suchthilfesystem liegen bislang keine empirisch belastbaren Studien vor. Am Beispiel des neuen Innovationsfonds-Projekts „Patient:innenwege von Menschen mit einer Alkoholabhängigkeit in Deutschland (PRAGMA)“ wurden konzeptionelle Möglichkeiten, Fragestellungen und Grenzen einer Sekundärdatenanalyse vorgestellt und diskutiert.

 

Substitution in schwierigen Zeiten – alte und neue Herausforderungen

Die Abhängigkeit von Opioiden stellt aufgrund der medizinischen, psychosozialen und gesellschaftlichen Folgen eine Herausforderung für die Gesundheits- und Sozialsysteme dar. In Deutschland wird die Anzahl der Hochrisikokonsumenten auf ca. 160.000 Personen geschätzt; trotz des Versorgungsnetzes befinden sich hiervon nur etwa die Hälfte der Betroffenen in Substitution, der weltweit anerkannten first-line Therapie. Die SARS-CoV-2-Pandemie hat die Situation für viele Betroffene verschärft, nicht nur für die therapeutisch nicht Erreichten, sondern auch für Personen in laufender Substitution. Ausgangsbeschränkungen und Kontaktsperren haben die Nutzung langfristiger therapeutischer Angebote beeinträchtigt, niedrigschwellige Harm-Reduction-Ansätze wurden vielerorts ausgesetzt. Dies erfolgte vor dem Hintergrund erheblicher krankheitsimmanenter Risiken und Folgen der Opioidabhängigkeit, wie soziale Ausgrenzung, somatische und psychische Komorbidität, Mortalität, wobei neben den Betroffenen auch die Solidargemeinschaft belastet wird.

Es ist von gesellschaftlicher und suchttherapeutischer Relevanz, bisherige Erfahrungen zusammenzufassen, um proaktiv Therapie- und Präventionsangebote auf neue Krankheitswellen von SARS-CoV-2 ausrichten zu können.

Vor dem Hintergrund empirischer Daten wurden folgende Fragen diskutiert:

  • Wie hat sich die Suchtszene vor dem Hintergrund der SARS-CoV-2-Pandemie verändert?
  • Welche Auswirkungen berichten die Betroffenen hinsichtlich Konsumverhalten, psychosozialer Belastung und Komorbidität?
  • Durch welche Maßnahmen kann eine Substitutionsbehandlung auch unter Bedingungen von Kontaktbeschränkungen und Abstandsregeln regelrecht und medizinisch verantwortungsvoll aufrechterhalten werden?

 

Probleme beim Erfassen der Prävalenz des Substanzkonsums

In wissenschaftlichen Veröffentlichungen und Vorträgen zu den Themen „Substanzmissbrauch“ und „Sucht“ beginnen gelegentlich mit Behauptungen darüber, wie verbreitet der Konsum bestimmter psychoaktiver Substanzen in der Gesellschaft sei. Dabei werden Ergebnisse von Erhebungen weitgehend unkommentiert wiedergegeben, ohne auf bekannte mögliche Verzerrungsquellen hinzuweisen und ohne die Daten angemessen zu relativieren. Eine theoretische Auseinandersetzung mit potenziellen Fehlerquellen, Modellierung von Überlegungen zu deren Auswirkungen und die Suche nach empirischen Beispielen, in denen diese Probleme erhebliche Auswirkungen haben oder haben könnten, ist somit dringend vonnöten.

 

E-Mental-Health bei Internetnutzungsstörungen

Jugendliche mit unkontrollierter Computerspiel- und Social-Media-Nutzung

Durch problematisches Nutzungsverhalten von Computerspielen oder Sozialen Netzwerken Jugendlicher leidet oft das ganze familiäre System. Eltern erkennen die Problematik häufig früher und können Einfluss auf das Nutzungsverhalten ihrer Kinder nehmen. Onlinetrainings zur Anleitung von Eltern betroffener Kinder bieten eine ressourcenschonende, orts- und zeitunabhängige Möglichkeit der Unterstützung und Hilfe an. In einer randomisiert kontrollierten Studie wurde das ISES!-Onlinetraining (Internetsucht: Eltern stärken!) hinsichtlich des Einflusses von unterschiedlichem persönlichem Kontakt auf verschiedene Outcome-Variablen untersucht und vorgestellt.

 

Online-Beratungssettings für Betroffene einer Internetnutzungsstörung

Betroffenen einer Internetnutzungsstörung dort Hilfe anzubieten, wo sie sich die meiste Zeit aufhalten – im Internet – stellt ein besonders niedrigschwelliges Versorgungsangebot dar. Doch bringen Onlinesettings spezielle Herausforderungen mit sich, weil Berater*in und Klient*in sind nur virtuell miteinander verbunden sind. Kommunikationsebenen fehlen, das Setting könnte weniger verbindlich wirken, technische Gegebenheiten die Bild- und Tonqualität beeinflussen. Es gilt herauszufinden, wie Onlineberatungen für Betroffene einer Internetnutzungsstörung gestaltet werden können, um Teilnehmende trotz des ‚Remote Settings‘ im Prozess zu halten und zu einer Veränderung zu motivieren.

 

Craving und Cue-Reactivity bei suchtartigen Verhaltensweisen: neue Erkenntnisse

Craving durch Gaming-Cues: Zusammenhang und Einflüsse der Cuespezifität mit Symptomen der Gaming Disorder

Die Bedeutung von Craving bei der Entstehung und Aufrechterhaltung der Gaming Disorder wird nicht nur in theoretischen Modellen postuliert, sondern auch durch erste empirische Studien gestützt. Erste Hinweise legen nahe, dass ähnlich wie bei einer Alkoholkonsumstörung oder pathologischem Glücksspiel die Spezifität der Cues entscheidend sein könnte. Die vorliegende Studie untersucht mit umfangreichem Stimulusmaterial systematisch, ob Cues des Lieblingsspiels signifikant stärkeres Craving auslösen als Cues anderer Spiele. Dabei soll auch der Zusammenhang mit Symptomen einer Gaming Disorder betrachtet werden.

 

Neuronale Korrelate von Cue-Reactivity bei Personen mit Smartphonesucht

In den letzten Jahren ist die Anzahl der Smartphonenutzer*innen enorm angestiegen. Damit einhergehend wurden vermehrt Arbeiten veröffentlicht, die einen Zusammenhang zwischen exzessiver Smartphonenutzung (eSPN; umgangssprachlich auch als „Smartphonesucht“ bezeichnet) und nachteiligen Effekten auf physische und mentale Gesundheit nahelegen. Allerdings sind die neuronalen Korrelate der eSPN bisher weitestgehend unbekannt. In einer 2020 veröffentlichten Studie „Neural correlates of cue reactivity in individuals with smartphone addiction“ wurde mittels funktioneller Magnetresonanztomografie (fMRT) die neuronalen Korrelate der Cue-Reactivity (CR) bei eSPN untersucht.

 

Neurale Mechanismen von Cue Reactivity bei Verhaltenssüchten und Alkoholgebrauchsstörung

Sowohl bei Substanzabhängigkeit als auch bei Verhaltenssüchten wurde die Relevanz von suchtrelevanten Reizen, welche häufig das Verlangen, das Verhalten auszuführen, triggern, sowohl in experimentellen als auch in bildgebenden Arbeiten herausgestellt. Es konnte ein Zusammenhang zwischen Veränderungen in der neuralen Reaktion während der Wahrnehmung von suchtrelevanten Reizen (Cue Reactivity) mit dem Störungsverlauf hergestellt werden. Noch unklar ist, inwiefern die neuralen Mechanismen von Cue Reactivity zwischen verschiedenen Suchtstörungen vergleichbar sind.

Um der Frage nachzugehen, inwiefern neurale Mechanismen von Cue Reactivity störungsspezifisch oder störungsübergreifend auftreten, wurden verschiedene nicht-substanzbezogene Störungsbilder wie die Computerspielstörung, die Glücksspielstörung sowie die Pornographie-Nutzungsstörung als aktuell diskutiertes suchtartige Verhaltensweisen auf der einen mit der Alkohol-Nutzungsstörung als substanzbezogene Störung auf der anderen Seite verglichen.

 

Spezifische Zielgruppen und Stigmatisierung

Abstinenzzuversicht, Behandlungsbereitschaft und Selbststigmatisierung bei Menschen mit Suchterkrankungen

Die individuelle Abstinenzzuversicht als Aspekt der generellen Selbstwirksamkeitserwartung bezieht sich darauf, dass die subjektive Erwartung besteht, mit Hilfe eigener Kompetenzen potenzielle Rückfallsituationen ohne erneuten Konsum bewältigen zu können. Hiermit hängt auch die Bereitschaft zur Behandlungsaufnahme zusammen – beide Konzepte sind für die Sicherstellung eines langfristigen Therapieerfolgs wesentlich. Beides kann durch Selbststigmatisierung beeinflusst werden, als möglich Folge öffentlicher Stigmatisierung: Komponenten, die der Erkrankung zugeschrieben werden, werden von Betroffenen auf sich bezogen und verinnerlicht. Diese Studie befasste sich mit dem Einfluss von Selbststigmatisierung, genereller Selbstwirksamkeit und Behandlungsbereitschaft auf die Abstinenzzuversicht von Menschen mit Suchterkrankungen in ambulanten oder stationären Settings.

 

Geschlechterunterschiede bei suchtbelasteten Partnerschaften in der Allgemeinbevölkerung

Mehrheitlich erlauben vertiefende Studien aufgrund eines niedrigen Männeranteils an Befragten keine Aussagen zu Geschlechterdifferenzen: in der Bevölkerungsstudie GEDA (n=24.824) gaben 266 Frauen und 81 Männer an, in einer Partnerschaft mit in den letzten 12 Monaten bestehender Suchtproblematik zu leben. Die äußerst geringe Inanspruchnahme von Hilfeangeboten durch betroffene Männer ist nicht durch eine geringere Belastung erklärbar, woraus sich Implikationen für zukünftige Forschung und Versorgung ergeben.

 

Medizinische Rehabilitation von Abhängigkeitserkrankungen bei Jugendlichen und Adoleszenten

Deutschlandweit gibt es nur wenige Kliniken, die die Anforderungen an die stationäre medizinische Rehabilitation für Jugendliche mit substanzbedingten Erkrankungen gemäß der gemeinsame Suchtkommission der kinder- und jugendpsychiatrischen Fachgesellschaften erfüllen. Einerseits wächst der Bedarf an altersangemessenen Angeboten stetig, andererseits mangelt es an evidenzbasierten Therapieangeboten im Bereich der Rehabilitation insbesondere für jüngere Betroffene. Der Vortrag stellte die Besonderheiten, Chancen und Limitationen in der Rehabilitationsbehandlung von Jugendlichen und Adoleszenten am Beispiel der Dietrich-Bonhoeffer Klinik in Großenkneten dar.

 

Rolling out take-home naloxone, the importance of contexts and targets

Take-Home-Naloxon ist die evidenzbasierte Implementierung auf Opioid-Überdosierungen. Unter Bezugnahme auf die in Australien, Zentralasien und der Ukraine durchgeführten Arbeiten hob diese Präsentation die Herausforderungen bei der Programmimplementierung hervor, einschließlich der Bestimmung von Zielpopulationen und dem Umgang mit regulatorischer Zurückhaltung. Die Bedeutung der Modelle der Leistungserbringung und die Festlegung von Zielen und Auswirkungen wurden diskutiert. Die notwendigen Ressourcen für eine schnelle Skalierung von Take-Home-Programmen wurden zusammen mit der Bedeutung für den Endnutzer vorgestellt.

 

Symposium der Dachgesellschaft

Cannabis im Sport: Eine gute Idee oder nicht?

Cannabis ist nach Alkohol die weltweit am häufigsten gebrauchte psychoaktive Substanz. Vor dem Hintergrund einer zunehmenden Legalisierungsdebatte lässt sich eine Akzeptanz der Droge in der Gesellschaft beobachten. Auch im Bereich des Spitzensports werden förderliche oder schädigende Effekte von Cannabis auf den menschlichen Körper diskutiert. Wie häufig wird Cannabis im Spitzensport genutzt? Welche ergogenen und ergolytischen Effekte hat die Substanz, wenn sie von Athletinnen und Athleten genutzt wird?

 

Dimensionalität der ICD-10- und ICD-11-Kriterien zur Alkoholkonsumstörung und damit assoziierter Symptome

Der Vorschlag zur Diagnose einer Alkoholkonsumstörung (AUD) nach ICD-11 enthält 3 Kriterien im Vergleich zu den bisherigen 6 Kriterien der ICD-10. Ziel einer aktuellen Studie in einer internationalen Alkoholkonsum-Stichprobe war es, die Dimensionalität der ICD-10 und ICD-11 AUD-Kriterien zu bestätigen und schädlichen und gefährlichen Konsum sowie Symptome eines »somatischen Syndroms« wie Delirium tremens und Entzugskrampfanfälle einzubeziehen.

 

Psychosoziale Diagnostik und Behandlung von Patienten vor und nach Organtransplantation: Update zur S3-Leitlinie & Aspekte mit Relevanz für substanzbezogene Störungen

In Deutschland ist die Aufnahme von Patient*innen in die Transplantationswarteliste über Richtlinien der Bundesärztekammer geregelt, Handlungsempfehlungen für die psychosoziale Diagnostik und Behandlung dieser Patient:innen gab es jedoch noch nicht. Substanzkonsumstörungen können den Krankheitsverlauf von Patient:innen vor und nach Organtransplantation beeinträchtigen und stellen in einigen Fällen eine Kontraindikation zur Transplantation dar, daher sind sie ein relevanter Teilaspekt der psychosozialen Versorgung dieser Patient:innengruppe. In diesem Beitrag wurde ein Update zur S3-Leitlinie „Psychosoziale Diagnostik und Behandlung von Patienten vor und nach Organtransplantation“ mit einem Schwerpunkt auf Substanzkonsumstörungen präsentiert.

 

Verhaltensstörungen & Verhaltenssüchte

Auch wenn die Forschungsaktivitäten im Bereich der Verhaltenssüchte in den letzten Jahren deutlich zugenommen haben, handelt es sich um ein noch neues Feld. Ansätze der Klassifizierung im Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders in der fünften Revision (DSM-5) und der Classification of Diseases in der elften Revision (ICD-11) haben diesem Forschungsbereich weiteren Auftrieb gegeben. Ziel ist trotz der Lücken in der Klassifikation, den derzeitigen Stand der Entwicklung und Herausforderungen für die Zukunft zu präsentieren.

Während die Klassifikation der Glücksspielstörung und der Computerspielstörung insbesondere in der ICD-11 gut gelöst sind, bedarf es weiterer Forschung und Klärung in Bezug auf andere Störungen im Zusammenhang mit der Nutzung von sozialen Netzwerken, Buying-Shopping oder Pornografiekonsum. Diagnostische Ansätze stehen zur Verfügung, wohingegen Goldstandards in der Regel fehlen. Im Rahmen von Internetnutzungsstörungen stehen erste erfolgreiche Therapieansätze zur Verfügung, die Breite der Evidenz steht jedoch noch aus, und die Erreichbarkeit insbesondere junger Zielgruppen stellt noch hohe Anforderungen.

 

Störung mit zwanghaftem Sexualverhalten: Ein systematisches Review zum aktuellen Stand der Evidenzlage

Die zwanghafte sexuelle Verhaltensstörung (compulsive sexual behavior disorder [CSBD]) wird in der ICD-11 bei den Impulskontrollstörungen klassifiziert. Auch wenn die ICD-11 eine Einordnung als Zwang ausschließt, ist die Diskussion um die nosologische Verortung des Störungsbildes noch lange nicht abgeschlossen: es besteht nach wie vor Unklarheit über die Konzeptualisierung als Impulsivität, Verhaltenssucht oder als Ausdruck normalen Verhaltens. Die zahlreichen Studien zur CSBD machen nur selten eindeutige Aussagen zur Einordnung, etwa mit der nosologischen Zuordnung zu Sucht. Ziel eines systematischen Reviews bestand darin, die aktuelle Studienlage zur CSBD darzustellen und Hinweise zu identifizieren, die für eine Verortung als Impulskontrollstörung beziehungsweise als (Verhaltens-)Sucht sprechen.

 

Substanzkonsum & Online-Verhaltenssüchte bei Kindern und Jugendlichen

Cannabis-abhängige Jugendliche: Sensation Seeking, Cognitive Bias und weitere suchtspezifische Faktoren

Vor dem Hintergrund der langfristigen Folgeschäden stellt zunehmender Cannabiskonsum Jugendlicher eine besorgniserregende Entwicklung dar. Als Risikofaktor für missbräuchlichen Substanzkonsum ist u.a. das Persönlichkeitsmerkmal ‚Sensation Seeking‘ bekannt. Im Zusammenhang mit Substanzabhängigkeiten wird zudem die Ausbildung eines ‚Approach Bias‘ zur konsumierten Substanz beschrieben. Inwiefern die Stärke der Abhängigkeit und Substanzverlangen bei cannabisabhängigen Jugendlichen mit ‚Sensation Seeking‘ und ‚Approach Bias‘ zusammenhängen und wechselwirken, wurde in der vorgestellten Studie wurde untersucht.

 

Jugendliche mit ‚Internet Gaming Disorder‘ und subjektives Stressempfinden

‚Gaming‘ als dysfunktionale Copingstrategie ist ein Kriterium der Forschungsdiagnose ‚Internet Gaming Disorder‘ (IGD nach DSM-5). Viele Patienten mit IGD berichten, mehr zu ‚gamen‘, wenn sie sich gestresst fühlen, und ‚Gaming‘ als Ablenkung von negativen Emotionen einzusetzen. Ziel der beschriebenen Studie war es, den zeitlichen Zusammenhang von ‚Gaming‘ und Stresserleben mittels ‚Ecological Momentary Assessment‘ (EMA) bei Jugendlichen mit IGD und gesunden Kontrollprobanden zu erheben.

 

Online-Verhaltenssüchte deutscher Jugendlicher vor und während der COVID-19-Pandemie

Mehrere Studien weisen darauf hin, dass die Online-Zeiten von Jugendlichen während der Lockdown-Maßnahmen im Zuge der COVID-19-Pandemie stark angestiegen sind. Erste Studien bringen dies auch mit einer Zunahme von Online-Verhaltenssüchten in Verbindung. Es wurde untersucht, ob Online-Verhaltenssüchte unter Jugendlichen während der COVID-19-Pandemie zugenommen haben, und wie dies mit der Lebensqualität zusammenhängt.

 

Qualitätssicherung in der digitalen Suchthilfe

Qualitätssicherung der schweizweiten Sucht-Beratungsplattform SafeZone.ch

Online-Beratung erfordert spezifische Kenntnisse, Fertigkeiten und Rahmenbedingungen, damit sie wirksam und datenschutzkonform eingesetzt werden kann. Anhand des Praxisbeispiels SafeZone.ch wurde gezeigt, wie ein umfassendes Qualitätsmanagement gestaltet werden könnte.

 

Dokumentation und Evaluation digitaler Suchtberatung: Strukturelle Herausforderungen und methodische Umsetzung im DigiSucht Projekt des BMG

Im Gesundheitsbereich gewinnen digitale Angebote zunehmend an Relevanz. Auch im Bereich der Suchthilfe werden vermehrt niedrigschwellige, digitale Angebote eingesetzt, um eine bessere Versorgung suchtkranker Menschen und deren Angehöriger zu ermöglichen. Um kommunalen Suchtberatungsstellen die Umsetzung digitaler Suchtberatung zu ermöglichen, widmet sich das vom Bundesministerium für Gesundheit geförderte DigiSucht Projekt dem Aufbau einer träger- und länderübergreifenden Plattform für die digitale Suchtberatung. Im Zuge dieser Entwicklungen ergeben sich Fragen zu spezifischen Anforderungen an die Dokumentation und Evaluation digitaler Angebote der Suchthilfe.

 

Chancen und Risiken KI-gestützter Evaluationsmethoden textbasierter Kommunikation

Die digitale Beratung gewinnt auch im Suchtbereich immer mehr an Bedeutung. Somit entstehen auf längere Sicht große Mengen an textbasierten Beratungsdokumenten, die prinzipiell auch für evaluatorische Analysen relevant sein könnten. Mithilfe von künstlicher Intelligenz bestünde die Möglichkeit, diese Datensätze mit verschiedenen Methoden zu analysieren und so Erkenntnisse über unterschiedliche Aspekte des Beratungshandelns zu generieren. Der Vortrag beschäftigte sich mit den Möglichkeiten und Grenzen dieser Methoden zur Evaluation von Beratungsansätzen im Suchtbereich anhand von Beispielen aus unterschiedlichen Forschungsprojekten.

 

Geschlechtssensitive Suchtbehandlung über die Lebensspanne

Geschlechtsaspekte bei Suchtstörungen des Kindes- und Jugendalters

Das Risiko langfristiger gesundheitlicher und anderer Beeinträchtigungen durch den missbräuchlichen Konsum psychoaktiver Substanzen ist in der Adoleszenz besonders hoch. Im vorliegenden Beitrag sollen geschlechtsspezifische Besonderheiten süchtigen Verhaltens anhand verschiedener epidemiologischer und interventioneller Studien zusammengefasst werden.

 

Geschlechterunterschiede im Kontext von Internetnutzungsstörungen

In der 5. Auflage des ‚Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders‘ (DSM-5) und in der 11. Auflage der ‚International Classification of Diseases‘ (ICD-11) wurde die (Internet) Gaming Disorder als Diagnose eingeführt. Internationale Studien der vergangenen Jahre wiesen jedoch darauf hin, dass auch andere Anwendungen im Internet wie die Nutzung sozialer Netzwerke zu starken Beeinträchtigungen und suchtartigem Verhalten führen können. Weiterhin zeigen sich bei Vorliegen einer Internetabhängigkeit häufig komorbide psychische Störungen. Der Beitrag bot einen Überblick über Geschlechterunterschiede bei der Nutzung verschiedener Internetanwendungen sowie bei der Inanspruchnahme formeller Hilfen.

 

Zyklus und Menopause bei alkoholbezogenen Störungen

Alkoholkonsum und alkoholbezogene Störungen sind von großer gesellschaftlicher und gesundheitspolitischer Bedeutung. Während Trinkverhalten und Trinkmuster bei Männern häufiger untersucht werden, stehen Frauen seltener im Fokus der Forschung. Zur Entwicklung gendersensitiver Therapieansätze müssen vor allem die Mechanismen, die alkoholbezogenen Störungen bei Frauen zugrunde liegen, näher erforscht werden.

 

Motive für Alkoholkonsum bei Frauen und Männern

Sozialer und pathologischer Alkoholkonsum, assoziierte psychische Erkrankungen und die daraus resultierenden biopsychosozialen Folgeprobleme zeigen deutliche Geschlechterunterschiede. Die Entwicklung geschlechtssensitiver Ansätze könnte daher die Prävention und Behandlung von alkoholbezogenen Störungen effektiv voranbringen.

 

Fazit:

Der Kongress war nicht nur thematisch interessant und vielschichtig, sondern bot mit den Themen E-Health, Prophylaxe bei Jugendlichen und dem Dauerbrenner Cannabis sowie einer kommenden Legalisierung in Deutschland einige Themen mit Bezug zur Lifespring Privatklinik.

Über den Autor

Dr. Martin Weinand

Martin hat an der Universität zu Köln das Studium der Biologie aufgenommen, weil ihn seit seiner Kindheit die Prozesse des Lebens faszinieren. Nach seiner Promotion in Biochemie und Molekularbiologie ist er Wissenschaftler und Referent für Psychoedukation und Suchtforschung an der Lifespring Privatklinik.

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