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Neuer Belohnungsschaltkreis jenseits von Dopamin

Der Schlüssel zur Überwindung von Süchten und psychiatrischen Störungen liegt tief in den Schaltkreisen unseres Gehirns, den Belohnungskreisläufen. Der älteste und bekannteste Belohnungsweg ist das mesolimbische Dopaminsystem, das aus Neuronen besteht, die vom ventralen Tegmentalbereich zum Nucleus accumbens projizieren – eine Schlüsselstruktur bei der Vermittlung von Emotions- und Motivationsverarbeitung. Hier ist Dopamin der hauptsächliche Neurotransmitter, der freigesetzt wird, wenn das Gehirn eine Belohnung erwartet. Ein Anstieg des Dopaminspiegels kann durch positive Aktivitäten verursacht werden - es kann aber auch von Drogen kommen und zu Drogenmissbrauch führen. Auf der Suche nach Wegen zur Behandlung von Süchten und psychiatrischen Erkrankungen forschen Wissenchaftler nach Mechanismen jenseits der bekannten Dopamin-Belohnungswege, die eine Schlüsselrolle bei Belohnungsempfinden und dessen Verstärkung spielen könnten.

In einem vor kurzem veröffentlichten Artikel haben Forscher das Wissen über menschliche Belohnungskreisläufe vorangetrieben und festgestellt, dass es einen anderen Weg gibt, der über Dopamin hinausgeht.[1]Al-Hasani, R., et al. (2021) Ventral tegmental area GABAergic inhibition of cholinergic interneurons in the ventral nucleus accumbens shell promotes reward reinforcement. Nature … Continue reading Diese Studie eröffnet deshalb mögliche neue Wege zum Verständnis von Belohnungsschaltkreisen, die durch den Missbrauch von Nikotin, Opiaten oder anderen Drogen sowie neuropsychiatrischen Erkrankungen, die die Belohnungsverarbeitung einschließlich Depressionen beeinflussen, verändert werden könnten.

In dieser Studie fanden die Forscher heraus, dass etwa 30% der Zellen im ventralen Tegmentalbereich (VTA) GABA-Neuronen sind. VTA-GABA-Neuronen werden zunehmend als Akteure bei Belohnung und Abneigung sowie als potenzielle Ziele für die Behandlung von Suchterkrankungen, Depressionen und andere stressbedingte Störungen erkannt.

Neuronen sind die grundlegenden Einheiten des Gehirns und des Nervensystems, die Zellen, die dafür verantwortlich sind, sensorische Eingaben von der Außenwelt zu empfangen, motorische Befehle an unsere Muskeln zu senden und die elektrischen Signale permanent und zeitnah umzuwandeln und weiterzuleiten.

Die Forscher haben einzigartige GABAerge Zellen gefunden, die weit in den Nucleus accumbens projizieren, aber nur auf einen spezifischen Bereich des Nucleus accumbens gerichtete Projektionen tragen zu einer Belohnungsverstärkung bei.

Im Tiermodell zeigten die Forscher sowohl bei männlichen als auch bei weiblichen Mäusen, dass GABAerge Neuronen mit großer Reichweite vom VTA bis zum ventralen, aber nicht der dorsalen Nukleus accumbens an Belohnungs- und Verstärkungsverhalten beteiligt sind. Sie zeigten, dass diese GABAerge Projektion cholinerge Interneurone hemmt – Schlüsselakteure beim belohnungsbezogenen Lernen.

Schlussfolgerung

Diese Ergebnisse unterstreichen die Diversität in der strukturellen und funktionellen Topographie von VTA-GABAergen Projektionen und ihre neuromodulatorischen Wechselwirkungen über den dorsoventralen Gradienten des Nucleus accumbens. Sie fördern und erweitern auch das Verständnis neuronaler Schaltkreise, die direkt mit neuropsychiatrischen Erkrankungen wie Depressionen und Sucht verbunden sind.

Quellen

Quellen
1 Al-Hasani, R., et al. (2021) Ventral tegmental area GABAergic inhibition of cholinergic interneurons in the ventral nucleus accumbens shell promotes reward reinforcement. Nature Neuroscience. doi.org/10.1038/s41593-021-00898-2.

Über den Autor

Dr. Martin Weinand

Martin hat an der Universität zu Köln das Studium der Biologie aufgenommen, weil ihn seit seiner Kindheit die Prozesse des Lebens faszinieren. Nach seiner Promotion in Biochemie und Molekularbiologie ist er Wissenschaftler und Referent für Psychoedukation und Suchtforschung an der Lifespring Privatklinik.

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